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GLAUBENSLEHRE DES ISLÂM. 103 1164), wurden die Derwischorden begründet. Die Derwische ge-
niessen
noch heute eine grosse Achtung bei dem Volke (wie auch
die Verrückten); gewöhnlich tragen sie am Arm ein hölzernes
Gefäss, in welches man ihnen Almosen und Essen legt. Noch
heute stehen sie im Rufe Wunderthaten verrichten zu können.
Sie brüllen bisweilen Stunden lang das Wort (= er = Gott),
um sich in religiöse Extase zu versetzen.

Schon früh war im Islâm der Heiligen- und Märtyrer-
cultus
ausgebildet. Man pilgerte zu den Gräbern, weil man
glaubte, dass der Tod den Verkehr mit den Verstorbenen nicht
aufhebe. So wurde besonders das Grab Mohammed’s in Medîna
und das seines Enkels Hosein in Kerbela weltberühmt. Bald hatte
jedes Städtchen sein Heiligengrab. Der Reisende wird in manchen
Dörfern Syriens kleine Kuppelgebäude mit Gitterfenstern finden,
sog. Weli’s; weli bedeutet zugleich Heiliger und ein solches
Grabmal (vgl. S. 38). An den Gittern finden sich oft Tuchläppchen,
von frommen Personen oder von solchen, die ein Gelübde über-
nommen
haben, aufgehängt, ebenso an manchen für heilig gehal-
tenen
Bäumen; es sind dies Sitten, die aus alter Zeit herrühren.

Am Ende des vorigen Jahrhunderts erhob sich gegen die Miss-
bräuche
im Islâm eine Reaction von Centralarabien aus. Die Wah-
habiten
,
so benannt von ihrem Stifter ʿAbd el-Wahhâb, wollten
die ursprüngliche Reinheit des Islâm wieder herstellen; sie eiferten
gegen den Heiligencultus, zerstörten die Gräber, selbst Moham-
med’s
und Hosein’s und suchten die ursprüngliche Reinheit und
Einfachheit der Sittengesetze wieder einzuführen; daher verboten
sie sogar das Tabakrauchen als berauschend. Bald wurden sie zu
einer grossen politischen Macht; hätte es nicht im Interesse von
Mohammed ʿAli gelegen, sie zu bekriegen, so würden sie noch
heute bedeutender sein. Immerhin aber reicht das Wahhabiten-
reich
noch weit; nur ist es beinahe unmöglich, in dasselbe einzu-
dringen
. Auch über die Wanderstämme übten die Wahhabiten
eine Zeit lang eine Art Suprematie bis weit nach Syrien hinein.
Wir können die ganze Bewegung politisch als eine Reaction gegen
das Türkenthum fassen; die Türken sind noch in viel höherem
Grade als die Araber, allein schon durch Verwahrlosung der Bil-
dungsanstalten
, an den jetzigen Zuständen im Orient Schuld.

Wir haben bisher nur von den Glaubenslehren der einen grossen
Secte des Islâm, der Sunniten (von sunna, Ueberlieferung) gespro-
chen
. Sehr früh zweigten sich die Schiʿiten (von schîʿa, Secte)
ab (s. S. 70); diese stellten ʿAli, den Schwiegersohn des Propheten,
neben oder sogar über Mohammed, betrachteten ihn als Incarna-
tion
der Gottheit und glaubten an die Imâme, d. h. die geistlichen
Oberhäupter aus ʿAli’s Nachkommenschaft. Der letzte derselben
soll nicht gestorben sein, sondern sich lebend bis auf den jüngsten
Tag verborgen halten (der Mehdi). Die Angaben über die Zahl
dieser Imâme schwanken. Die Perser sind alle Schiʿiten; in Syrien